Luiza Borac lässt den Zauber der Musik leuchten

Die Weltklasse-Pianistin lieferte Zuversicht auch für die schweren Momente des Lebens

Etüde – alleine diese Bezeichnung versteift Klavierschülern die Finger. Verbergen sich doch dahinter zumeist ermüdende Übungen, um sie erst gelenkig zu machen. Es ist den großen Meistern zu verdanken, dass sie Etüden komponierten, die auch Zuhörer genießen können. Und es ist die Kunst des Vortragenden, das zur Geltung zu bringen.
DSC 0043-verklEin Lehrstück dafür legte Luiza Borac im Oktober auf die Bühne der Klosterkirche. Im Rahmen der „Weltklassik am Klavier“ brachte sie unter dem Thema „Die Musik ist ein Zauber!“ sechs Etüden aus Franz Listzs (1811 – 1886) „Études d’exécution transcendante“ und alle 12 Etüden „Opus 25“ seines Zeitgenossen Frédéric Chopin (1810 – 1849). Borac verfügt über Kreativität und Musikverständnis – sie promovierte 2014 über das Klavierwerk George Enescus summa cum laude – und hat es auch in ihren Fingern, aus einer Etüdensammlung ein grandioses Konzert zu machen. „Einfach zuhören“, schien ihre musikalische Aufforderung an den ansehnlich gefüllten Minoritensaal zu sein. Um den „Zauber der Musik“ zu genießen. Wie wahr.
Es wurde ein grandioses Konzert. DSC 0067-verklSie brachte diesen Zauber zur Geltung. Wie die gute Fee aus dem Disneyland die glitzernden Sternchen, warf sie Töne in die Luft, die sich zu Melodien fügten, ineinander übergingen, muntere Schleifen flogen, elegisch dahinglitten und sich in dramatischen Momenten gegenseitig Konkurrenz machten. Mit dynamischen Akzentuierungen und wohltuenden, mikrofein abgestimmten Pausen zwischen den Akkordläufen von süß und zart bis stark und laut sorgte sie für Handlung und Spannung am Klavier: keine Sekunde „langweilige“ Übungen. Hier trug der oft überstrapazierte Begriff „Zauber“ seine Berechtigung.
Bezog sich dieser Ausdruck doch auf das Credo „Die Musik ist ein Zauber“ der ältesten Pianistin der Welt, Alice Herz-Sommer. Sie starb 2014 im Alter von 110 Jahren in London. Luiza Borac hatte seinerzeit Alice Herz-Sommer besucht, um Inspirationen für ihre bevorstehende Aufnahme der Chopin-Etüden zu bekommen. Der Besuch muss für Luiza Borac beeindruckend gewesen sein. Mit diesem Wissen im Hinterkopf konnte sich auch ein unbedarfter Zuhörer gefangen nehmen lassen vom „Zauber der Musik“, der helfen kann, schwere Schicksalsschläge des Lebens zu meistern. Boracs Spiel umfasste neben ihrer fulminanten Virtuosität auch die Regungen, um poetische Momente Herr werden zu lassen, verbunden mit der Hoffnung und Zuversicht der starken Akkorde. Diese Zuversicht fand ihre Erlösung in Boracs dritter(!) verlangten Zugabe „Liebestraum“ von Franz Liszt. Mit diesem guten Gefühl konnte jeder Zuhörer gelöst nach Hause gehen.

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